Besondere Anlässe erfordern den Besuch in besonderen Restaurants. Für uns ist dieses besondere Restaurant in Dresden das Schmidt’s in Hellerau. Wir gehen nicht oft dorthin – eigentlich nur einmal im Jahr. Aber das ist Absicht. Manche Dinge sollte man besonders sein lassen, um sie richtig wert zu schätzen und zu genießen.
Ich mag dieses Restaurant auf mehreren Gründen sehr gern. Zum ersten wird viel Wert auf regionale und saisonale Zutaten gelegt. Es gibt eine Wochenkarte, die man auch im Internet einsehen kann. Dazu kommt eine Tageskarte, die an der Tafel an der Wand des Restaurants zu finden ist. Diese Tageskarte ändert sich meist im Laufe des Abends, Gerichte werden neu zusammengestellt. Ich mag das. Zeigt es doch, dass auf frische Zutaten gesetzt wird.
Ein weiterer Grund ist, wie mit diesen Zutaten umgegangen wird. Sie werden sorgsam behandelt und kommen meist in ziemlich natürlicher Konsistenz auf den Teller. Ich schätze das sehr.
Dazu gibt es jedes Mal Überraschungen. Es werden Zutaten und Aromen miteinander kombiniert, die man selbst nicht kombiniert hätte – und das Beste daran: diese Kombinationen funktionieren. Mir ist bisher noch nie etwas begegnet, von dem ich gesagt hätte „Interessante Idee – aber man muss nicht alles machen“. Und meist sind es gerade die kleinen Dinge – ungewöhnlich gewürztes Gemüse, eine Mouse oder eine Dessert-Komponente – die einen vollkommen überraschen.
Und ein vierter – für mich aber nicht unerheblicher Grund: Olaf Kranz hat keine Angst vor Gewürzen. Sie werden dezent eingesetzt, wo es angebracht ist. Aber sie kommen auch gern großzügig zum Einsatz. Ich mag das.
Um möglichst viele Dinge probieren zu können, entschieden wir uns für das 8-Gänge-Überraschungsmenü. Es besteht die Möglichkeit auf Allergien, Unverträglichkeiten oder Abneigungen hinzuweisen. Ansonsten stellt die Küche das Menü zusammen. Die Gerichte sind zum Teil so in der Karte enthalten, einige der Gerichte sind aus verschiedenen anderen zusammengestellt und einige Komponenten waren eine völlige Überraschung, weil sie nicht auf der Karte zu finden waren.
Vorneweg gab es wie immer eine Auswahl von selbstgebackenem Brot und Würzbutter. Das Brot war frisch, fluffig und aromatisch. Die Butter war kräftig mit den erwähnten Aromen abgeschmeckt.
Der Wildkräutersalat war sehr frisch und knackig. Die Aromen der Kräuter überraschen immer wieder, wenn man sonst doch eher den – vergleichsweise milden – kultivierten Salat gewohnt ist. Die Coppa war schön durchzogen und hatte ein leichtes Wacholderaroma und harmonierte großartig mit dem recht festen Mozzarella.
Die Suppe war kräftig abgeschmeckt, der Schaum schmeckte nach Spargel und der Raviolo war kräutig. – Kurz, die Suppe war gut, aber keine Überraschung.
Anders sah es bei diesem Gang aus. Er war die erste Überraschung des Abends. Die Taboulé war mit einem Orangedressing zubereitet und kräftig mit Minze gewürzt. Dazu gab es ein Jacobsmuschel-Mouse. In der Struktur und Zubereitung erinnerte es stark an Eierstich. – Es gibt bestimmt einen Fachbegriff für diese Art der Zubereitung. Falls ihn jemand kennt, wäre ich für einen Kommentar dankbar. Diese Mouse war ein Gedicht – sehr fein mit einem Hauch Muskat abgeschmeckt, dazu die feinporige Struktur. Dazu gab es eine Maiscreme, die mit Curry gewürzt war. Ein in sich sehr stimmiger Gang. (Der so übrigens auf keiner der Karten stand.)
Das Kalbstatar war handgeschnitten und mit Salz und Pfeffer sowie einem Kernöl perfekt, aber zurückhaltend gewürzt. Das feine Aroma des Kalbfleisches wurde perfekt unterstützt, aber nicht erschlagen. Die Paprikamarmelade aus gerösteten Paprika ergänzte das Gericht perfekt durch die Süße und die leichten Bitterstoffe.
Dieser Gang für mich die Überraschung des Abends. Ich mag – oder ich sollte wohl besser sagen mochte bisher – kein Risotto. Und auch aus Fisch mache ich mir nicht so viel.
Aber der Fisch war sehr gut gebraten. Und das Risotto hat mich überrascht. Es war im Garpunkt perfekt – es hatte noch Biss, war aber nicht mehr mehlig. Der Zitronengrasschaum war sehr aromatisch und passte perfekt sowohl zum Fisch, als auch zum Risotto. Aber der eigentliche Höhepunkt des Ganges – und für mich des gesamten Essens – war der Spargel. Er war fruchtig und leicht süß. Eine dieser Kombinationen, die auf dem ersten Blick fremd erscheinen und die dann überraschen und begeistern.
Der Fleischgang war toll, aber keine Überraschung. Was aber daran liegt, dass wir schon einige Male im Schmidt’s essen waren und wir deshalb die großartigen Fleischgerichte, die von den kräftigen (und erfreulicherweise auch immer reichlichen) Juis‘ leben, kennen und lieben. Der Aroniajuis hatte eine leichte Säure, die perfekt zum sehr zarten Kalb (jedenfalls war meines sehr zart und durchzogen, der Mann hatte etwas weniger Glück) passten. Das Bohnen-Cassoulet war die perfekte Begleitung und die Erdnussgnocchi waren zart und hatten eine angenehme Butternote.
Ich vergesse immer wieder, wie gut Basilikum und Süße doch zusammen passen und bin jedes Mal auf’s Neue überrascht. So war für mich das Basilikum-Sorbet der heimliche Star des Desserts. Obwohl das Rhabarberkompott und die Sauerrahmmouse alles erst perfekt abgerundet haben.
Der letzte Gang löste noch einmal große Begeisterung bei uns aus. Der Ziegenkäse hatte eine Blauschimmelrinde. Das weiche Innere war mit Zucker bestreut und gebrannt. Dadurch war der Käse leicht flüssig. Zusammen mit den Safranbirnen und dem großartigen Walnussbrot bildete er einen perfekten Abschluss für ein perfektes Menü.
Wow, das klingt absolut lecker. Und da ist so einiges dabei, was ich mir nie so vorgestellt hätte… toll!